Etwa 20 BesucherInnen sind zum Vortrag erschienen, wobei es sich um Mitglieder der BSH-Gruppe, Studenten sowie Gaststudenten handelte. Der Vortrag dauerte circa 90 Minuten und bestand aus einem einleitenden Monolog mit einem Fragenteil am Ende. Prof. Korn thematisierte die kommenden Wahlen sowie die vorangegangene gescheiterte Koalitionsbildung, die Rolle der Ultra-orthodoxen Parteien, die immer weiter fortschreitende Spaltung in der israelischen Gesellschaft sowie die intraregionalen Konfliktparteien. Durch diesen Vortrag wurde einmal mehr deutlich, wie vielen Konflikten Israel ausgesetzt ist. Innerisraelischen Konflikten, wie dem zwischen arabischen Israelis und jüdischen Israelis, innerreligiösen Konflikten zwischen Orthodoxen und Säkularen, politischem Machtmissbrauch und instabilen Regierungen sowie externen Bedrohungen.
Die kommenden Wahlen werden ein Wegweiser in der israelischen Politik darstellen, so Korn. Die Ära Netanjahu könnte weitergehen oder beendet werden. Korns Meinung nach ist es sehr kritisch zu betrachten, dass Netanjahu mit den ihm vorgeworfenen Machtmissbräuchen erneut das Amt des Premierministers belegen möchte und zudem aufgrund einer gescheiterten Koalition Neuwahlen ausruft. Dies sei unverantwortlich gegenüber der Opposition und diene nicht in erster Linie dem nationalen Wohl.
Bezüglich der innerisraelischen Spaltung zeigte sich Korn besorgt; die Ultraorthodoxen würden mit den säkularen Juden immer weniger Berührungspunkte haben und das Wissen um die Religion würde in säkularen Kreisen immer weniger werden. Dadurch überließe man den Ultraorthodoxen einen großen Raum der Interpretation und Auslegung der Religion. Hinzu kommt, dass nach wie vor keine Wehrpflicht für Ultraorthodoxe herrscht und es weiterhin großzügiges Entgegenkommen von staatlicher Seite gibt, was das Arbeiten angeht. So herrscht unter den Ultraorthodoxen weiterhin große Arbeitslosigkeit, auf der anderen Seite sorgen sie dafür, dass Jobs entstehen, welche den Staat jedes Jahr Milliarden kosten. In jeder öffentlichen Institution muss das Gebot des Koscheren eingehalten werden. Um dies zu kontrollieren, bedarf es orthodoxer Juden, die somit in Bürgerbüros, Militärbasen, Verwaltungen und Schulen sicherstellen, dass die Küche und das Essen koscher sind. Weiterhin entscheidet das Rabbinatsgericht über sehr persönliche und intime Angelegenheiten, wie Konversion, Adoption und Scheidung. Demnach erhält die Ultraorthodoxie trotz des Status‘ einer Minorität exklusive Positionen und Vergütungen.
Die ultra-orthodoxen Parteien gewinnen durch eben diesen Umgang von staatlicher Seite aus immer mehr an politischem Einfluss. Koalitionen können aufgrund ihrer Bereitschaft scheitern oder gebildet werden. Dieser Umstand hängt mit dem Aufbau der Knesset zusammen, welche sich aus 120 Sitzen zusammensetzt und bei welcher man für die Regierungsbildung mindestens 61 benötigt. „The results of the elections should determine the identity of the Prime Minister, rather than negotiations between the parties after the elections”.
Selbstverständlich wurde das Thema der intraregionalen Konflikte ebenfalls thematisiert. Der Iran, die Hisbollah und die Hamas stellen zweifelsohne auch nach der Auffassung Herrn Prof. Korns eine existenzielle Bedrohung für Israel dar, gegen welche man sich verteidigen muss.
Zum Ende des Vortrages wurden mehrere Fragen gestellt, welche sich unter anderem mit möglichen Lösungsvorschälgen, dem Problem des demographischen Wandels und der Rolle der Ultraorthodoxen beschäftigten. Der demographische Wandel ist ein sehr großes Problem in Israel, bejahte Korn, da die Parteien, welche am unkooperativsten seien, sich am schnellsten vermehren würden. Dass die Ultraorthodoxen eine solch dominante Position in der israelischen Gesellschaft einnehmen, beunruhigt Herrn Prof. Korn. Allerdings ist er noch guter Hoffnung und verwies darauf, dass sich ebenfalls streng religiöse Gemeinden „modernisieren“ würden. Immer mehr Menschen verlassen ihre Gemeinden, um säkular zu werden.
„I want people to talk again with each other. Israeli Prime Ministers should speak Arabic, except for Moshe Sharett, no one did till today. Jews nowadays don’t know about the life in Arab villages in Israel or the Westbank. Neither does the other side. In my opinion dialogue is the key and forms the basis for every peace talk in the future”. Mit diesem Appell, welcher zu mehr Gesprächsbereitschaft in der Zivilbevölkerung sowie Interesse an der Lage, in welcher sich die jeweils andere Seite befindet, aufruft, schloss Prof. Korn seinen Vortrag.